Spontanes, unreglementiertes Gotteslob
100 Sängerinnen und Sänger bei Uraufführung von
Felix
Ebenes
„Missa duodecim vocum" inVilshofen
„Nicht um den Leuten
zu genügen oder mir selbst, sondern dem lieben Gott", darum komponiere
er, und wenn das Felix Eberle sagt, dann klingt das gar nicht
pathetisch, sondern fast ernsthaft belustigt und gerade darum glaubt man
ihm auch. Dennoch hätte er sich keine Sorgen machen müssen, dass auch
während dieses Konzerts nur „der liebe Gott unser Ehrengast ist". Denn
bei der Uraufführung der „Missa duodecim vocum" des Vilshofener
Komponisten und erfahrenen leidenschaftlichen Sängers Eberle am Sonntag
waren alle 240 Plätze der Klosterkirche zu Schweiklberg besetzt.
Anlässlich der Feierlichkeiten zum hundertjährigen Jubiläum des Klosters
Schweiklberg dirigierte Carola Baumann-Moritz, die mit großzügiger,
sicherer Gestik durchgängig präzise Einsätze gab, drei Chöre zusammen:
den Singkreis und den Kammerchor Vilshofen wie den Solistenchor bzw. das
„Ensemble Passau", insgesamt hundert Sängerinnen und Sänger, zwölf
Stimmen.
An der Kneiss-Orgel spielte Rudi Bürgermeister: zu Beginn Jean Langlais'
„Incantation pour un jour saint", am Schluss begleitete er den Singkreis
Vilshofen, der den Psalm 116 „Laudate Dominum omnes gentes" sang, ein
Werk des 1964 verstorbenen Passauer Domorganisten Otto Dunkelberg.
Dunkelbergs Marienliedern widmete sich der Kammerchor Vilshofen. Die
Interpretation zweier gleichfalls marianischer Kompositionen Felix
Eberles hatte das Passauer „Ensemble" übernommen. Während der
eigentliche Kern des erbaulichen Konzerts, jene „Missa duodecim vocum",
zweimal in das Rahmenprogramm eingebettet erklang und der ganz
besonderen Aufmerksamkeit der Kirchenbesucher gewiss sein durfte,
goutierten jene dennoch bereits gleich zu Beginn eine andere Kostprobe
dieses zwölfstimmigen hundertköpfigen Klangkörperpotenzials „Hört zu,
ihr lieben Leute", einen Choral von Michael Prätorius. Und zuhören, das
tat das Publikum, besonders, als endlich die mit Spannung erwartete
„Missa duodecim vocum" erklang - keine reine Konzertmesse, es fehlt das
Credo:Kyrie, Gloria, Sanctus, Benedictus.
Sicherheit und Selbstvertrauen wachsen, die Chormitglieder spüren, wie
gut es sich anhören muss. Intensiv, freudig, glaubwürdig tragen
schließlich die Stimmen der vielen Sänger das „Agnus dei" vom
Presbyterium ins Kirchenschiff. Diese Chorgemeinschaft hat das
vermittelt, was Eberle ein Anliegen ist, das Spontane, Enthusiastische,
Unreglementierte des Gotteslobes, das seiner „Handschrift" - und das
auch im Sinne des Wortes - bezüglich Noten und Text so eigen ist. „Ich
habe die Messe gleich in Reinschrift geschrieben, so wie man in der
Schule einen Aufsatz schreibt."
Marita Pletter
Vilshofener Anzeiger 25.Mai 2004 |